5 Fragen

1) Warum beschaeftigt Sie persoenlich das Thema “Suechte”?
Ich bin seit 1999 clean und arbeite in meinem Beruf als Psychotherapeutin (in meiner Privatpraxis und in Rehas) mit Drogenabhaengigen, die versuchen, mit ihren intensiven Gefuehlszustaenden fertigzuwerden. Dabei interessiert mich das menschliche Bewusstsein und Unterbewusstsein, die Natur des Denkens und der Gefuehle, also die subjektive innere Welt, die Manche um jeden Preis aendern oder vergessen wollen. Ich befasse mich damit, das Gefuehlsklima soweit zu regulieren, dass zerstoererisches Zwangsverhalten nicht mehr “noetig” ist.
2) Sind Suechte ein Massenphenomen?
Absolut. Einer von drei Amerikanern ist direct oder indirect von Sucht betroffen. Die Statistik ist in jedem Land ein bisschen anders, aber ueberall beunruhigend hoch. Dabei gehen viele Unfaelle und Krankheiten gar nicht in die Statistik ein. Wenn z.B. ein “geheimer” Alkoholiker an Lungenentzuendung stirbt (ein typisches Alkoholismusrisiko), wird das im Allgemeinen nicht als Alkoholtod eingestuft. Die unglaublich hohe Suchtstatistik beruecksichtigt nicht mal alle Suchtformen.. Mittlerweise werden auch andere destruktive oder gefaehrliche Verhaltensweisen als Suchtverhalten erkannt, wenn sie zwanghaft und gewohnheitsmaessig betrieben werden, wie zum Beispiel Esstoerungen, Sexsucht, oder Spielsucht.
3) Sind die Mechanismen bei den unterschiedlichen Suechten gleich?
Sie sind sehr aehnlich. Die Neurobiologie deutet dabei auf einen Mangel an bestimmten Botenstoffen des Nervensystems (in besonderem Masse Dopamin). Auf der Basis einer genetischen Vorbelastung und schwierigen Kindheitserlebnissen fuehlt sich der Suchtkranke chronisch ruhelos, reizbar und unzufrieden und braucht Erleichterung. Kein Preis ist zu hoch, wenn man sich das Leben lebenswert machen “muss”.
4) Was macht es so schwierig aufzuhoeren?
Man ertraenkt seine Aengste, Unsicherheiten und Schamgefuehle und daher befasst man sich nicht mit Problemen und deren Ursachen. Dadurch werden Gehirnfunktionen wie auch Lebensumstaende gleichermassen destabilisiert. Aufhoeren bedeutet auch, das selbst geschaffene Chaos nuechtern zu betrachten. Das kann unertraecglich sein.
5) Gibt es eine goldene Regel fuer’s Aufhoeren?
Ja - der sogenannten spirituelle Weg in einer Gemeinschaft mit Gleichgesinnten, denn man hat es mit einer chronischen Krankheit zu tun, die eine lebenslange Behandlung erfordert. Als Ersatz fuer seine selbst verabreichte “Medizin gegen das Leben” benoetigt der Suchtkranke beruhigende und stabilisierende Techniken und Methoden, sowie taegliche moralische Unterstuetzung, sonst haelt er seine quaelenden Aengste und Depressionen nicht aus, und dann will er das auch gar nicht.